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Opera CEO Jon von Tetzchner hat nun mitsamt früherer Opera Entwickler einen neuen Browser namens Vivaldi angekündigt, der auf der Chromium/Blink Engine sitzt, und der geistige Nachfolger des klassischen Opera Browsers werden soll, mit dem Power User anstatt des "Normalbenutzers" im zentralen Fokus, so Tetzchner.
Doch bei der Ankündigung endet es nicht; Die Gruppe rund um Tetzchner hat zugleich auch einen frühen Tech Preview [bereitgestellt], der anders als der neue Opera nicht erst ewig nur auf Windows umtriebig sein soll. Vielmehr bekommt der geneigte Tester hier sofort einen Browser, der sowohl unter Windows, MacOS X wie unter Linux (deb und rpm Pakete) verfügbar ist.
Natürlich handelt es sich hier noch um eine sehr frühe Version, doch schon hat sie Features mit an Bord, die Opera und andere Browserentwickler im Rahmen der Webkit/Blink Compositing Engine als "unlösbar" bezeichnet hatten, wie etwa die Sidebar. Dazu natürlich das Speed Dial, die Tab Trash Can, stapelbare Tabs... Selbst "Vivaldi Mail" findet sich in der Sidebar - ein bei Opera mittlerweile in separate Software ausgekoppeltes Feature - wenngleich Mail auch derweilen noch nicht implementiert ist, die Notizen hingegen sind bereits an Bord. Ob es auch Sync wieder geben soll, ist noch nicht klar.
Offenkundig hat die Version dennoch schon einen gewissen Feinschliff in Sachen "Opera Classic" erhalten - so gibt es das mittlerweile sonst überall typische Verhalten "Schließen des letzten Tabs schließt kompletten Browser" hier nicht. Eine Sache die unter Chrome/Chromium nur per Extensions funktioniert - und das oft mehr schlecht als recht - ist hier out of the Box dabei: Das Schließen des letzten Tabs tut genau, was man als Opera User erwarten würde; Es schließt nur den Tab. Als Ersatz bekommt der Benutzer standardmäßig wieder sein Speed Dial zu sehen.
Es ist anzunehmen, daß sich wohl noch einige weitere solcher kleinerer "Operaisken" in Vivaldi verstecken dürften.
Zudem wird wohl auch in die Zukunft gearbeitet und nicht nur in die Vergangenheit, so bekommt der Benutzer z.B. auch die Möglichkeit, mehrere Speed Dial Tabs einzurichten, um z.B. Arbeit von privatem zu trennen.
Der Browser hat Webkit/Blink typisch seine komplette GUI Library mitintegriert, und sieht daher auf allen Betriebssystemen gleich aus, den "Win8/10 Flat Look" gibt's also auch bei Window Managern auf Linux oder alten Systemen wie XP exakt wie hier zu sehen:
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Das Vivaldi Speed Dial, hier in zwei Tabs getrennt (Klicken zum Vergrößern)
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Der Tab-Mistkübel, aus dem sich geschlossene Tabs schnell wiederherstellen lassen (Klicken zum Vergrößern)
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Rückkehr der Notes inkl. Thumbnail-Screenshotfunktion in der Sidebar (Klicken zum Vergrößern)
Auch leistungstechnisch macht Vivaldi trotz seines frühen Zustands einen guten Eindruck, was sicherlich der Blink Engine geschuldet sein dürfte, die nicht nur Webseiten, sondern auch den Rest des Browsers angenehm zackig auf den Schirm zeichnet, wie auch [Benchmarks] bereits belegen.
Kompatibilitätstechnisch gibt es zwar noch nicht soviel zu feiern wie noch bei Opera 10 bis 12, die es für "so ziemlich alles" gab (BSD UNIX, IBM OS/2, Symbian OS, um nur einige Seltsamkeiten zu nennen), die Entwickler haben sich aber nicht gescheut, zumindest auf Windows niemandem unnötig den Weg zu verbauen - in meinen Tests funktionierte der Browser bisher anstandslos auf Windows XP, Windows 7 wie auch Windows 10 TP - bisweilen aber nur als 32-Bit Programm. 64-Bit Versionen gibt es derweilen nur für Linux und MacOS X.
Auf Linux ist die Zeit der glorreichen statischen Builds übrigens auch nicht (ganz) vorbei: Man scheint sich an Debian 7 wie RedHat 7 zu orientieren, was an sich nicht schlecht ist. Installiert man das Paket auf einem etwas älteren System (von mir getestet auf CentOS 6), wird man beim Start leider gleich vom Nichtvorhandensein eines neueren GLIBCXX Symbols in der libstdc++.so begrüßt, was nicht unbedingt nötig wäre. Glücklicherweise ist das aber das einzige, was einen stoppt, der Rest erscheint statisch. Schnell also einen neuen GCC gebaut, dessen libstdc++.so.6 kopiert, Vivaldi damit im LD_LIBRARY_PATH gestartet, und der Browser funktioniert auch auf etwas älterem/konservativerem Linux anstandslos, ein relativ simpler Lösungsweg. Hier fehlt es also nur an ein paar Kleinigkeiten, um auch ältere Systeme nutzen zu können.
Finanziert wird das Projekt derweilen noch aus der Privatkasse (!) von Jon von Tetzchner selbst, hier steckt also offensichtlich Herzblut dahinter. Tetzchner - selbst erklärter Feind der heutigen Überwachungspolitik wie auch überbordender Adware - meinte dazu, daß man nur ein paar Millionen Benutzer bräuchte, um das Projekt selbsttragend werden zu lassen. Versionen für aktuelle Mobilbetriebssysteme seien bereits in der Pipeline, womit das Ziel durchaus in realistische Bereiche rücken könnte.
Tetzchner betonte aber auch, die mobilen Browserversionen erst veröffentlichen zu wollen, wenn sie dafür wirklich bereit sind.
Produktpolitisch verfolgt Vivaldi also offenbar die selben Ziele wie schon Opera selbst - immerhin sind hier Leute am Werk, die wissen müßten, wie es geht.
Man möchte beinahe glauben, es gäbe noch einen Rettungsring für den gediegenen Opera User, auch wenn er im Flatlook und ohne selbstgeschriebene Engine daherkommt.
Was man nun tun könnte? Den neuen Browser einfach ausprobieren: [Vivaldi Download] (Diese Webseite funktioniert übrigens auch in Opera 12 fehlerfrei...)