...oder wie sie die Digitalisierung nutzen, um Bürokratie zu erhöhen, Arbeit auf den Bürger abzuwälzen und Kosten in die Höhe zu treiben!
Ich habe eine Soundkarte von Creative Labs über eBay in den USA gekauft: Eine Sound Blaster Pro 2 MCV (CT5330). Ein wirklich seltenes Stück, entsprechend war der Preis.
Der Verkäufer hat die Zollbescheinigung leider nicht vollständig ausgefüllt, was bislang aber kein Problem war. Einfach die Rechnung kopieren, damit zum Zoll fahren, Steuern bezahlen und die Ware mitnehmen. Der Zöllner kümmerte sich um sein ureigenstes Handwerk, was neben der Berechnung des Zolls auch das Anlegen der Warenstatistik ist. Das beherrscht er aus dem FF, jedenfalls der, bei dem ich immer vorstellig wurde. Ein paar Fragen und alles ging schnell und kompetent über die Bühne. Ja, so war das in der guten alten Zeit.
Heute haben die Behörden aber das Internet und die Digitalisierung entdeckt, womit ja alles einfacher und günstiger werden soll. Soweit jedenfalls die Versprechungen. Man könnte jetzt meinen, einfach die Rechnung mit einer Bearbeitungsnummer des Zolls versehen und per Internet dorthin schicken. Der erledigt alles weitere und sobald er fertig ist, teilt er einem mit, was man bezahlen muß und wann man die Ware abholen kann.
Weit gefehlt!
Sehr weit gefehlt!
So treibt die Bürokratie die Kosten in die Höhe...
Bei einem Warenwert über 150 € muß man - auch als Privatperson - eine Internet-Zollanmeldung-Einfuhr ausfüllen. Dazu teilt einem die Post zunächst einmal mit, daß sie das übernehmen würde, wenn man ihr die Rechnung schicken würde. Kostenpunkt 14,49 €. Was für ein Schnäppchen! Dafür bekomme ich 8,4 l Diesel zum Preis von 1,719 beim letzten Tanken und kann damit gute 150 km fahren bei einem Durchschnittsverbrauch von 5,5 l/100km. Das reicht mir für gute 5 Umwege zum Zoll und zurück.
...oder man macht es selbst. Dazu teilt einem die Post mit, wie man dorthin kommt:
http://www.zoll.de > Privatpersonen > Postsendungen-Internetbestellungen > Sendungen aus einem Nicht-EU Staat > Zoll und Steuern > Internetbestellungen
Also mindestens 5 Klicks, um auf dieser Seite zu landen:
https://www.zoll.de/DE/Privatperso…ungen_node.html
Springen wir also gleich mal zu Warenwert über 150 € (Link-Nr. 6). Dort darf man sich erst einmal ellenlange Texte zur Steuerberechnung durchlesen, die einen nicht wirklich interessieren, mal will ja zu diesem Zeitpunkt schließlich noch kein Zollbeamter oder Fachanwalt für Steuerrecht werden. Dann kommen noch Berechnungsbeispiele dazu - wie in der Schule. Im zweiten der zahlreichen Haupt-Aufklapptextblöcke wird man dann auf das Zoll-Portal.de weitergeleitet. Dort muß man zunächst ein neues Benutzerkonto erstellen. Das hätte ich jetzt mittels ELSTER zwar machen können, erschien mir aber wegen einer schlichten Einfuhrabwicklung als etwas übertrieben. Zudem fand sich unter Dienstleistungen für Privatpersonen
https://www.zoll-portal.de/dienstleistungen-privatpersonen#
jetzt auch nicht gerade etwas, das vielversprechend zur gewünschten Internet-Zollanmeldung-Einfuhr (IZA) führt.
Also auf zum nächsten Unter-Aufklapptextblock. Link-Nr. 7 zur Zollanmeldung anklicken, nächster Textblock...
...bis zum Anklicken von Link-Nr. 8 Internetzollanmeldung
...Link-Nr. 9 Zugang zu den Internetzollanmeldungen
...Link-Nr. 10 Internet-Zollanmeldung-Einfuhr (IZA). Das hört sich doch endlich mal so an, wie im Schreiben der Post.
Hätte man den zweiten Haupt-Aufklapptextblock komplett übersprungen, wäre man mit dem Link darunter direkt zu Link-Nr. 10 gekommen. Als Bonus für das Nichtlesen des Blocks gibt es dann sogar noch eine wenig hilfreiche Ausfüllanleitung für das, was einem danach erwartet.
Man hat nun endlich das Webformular für die Internet-Zollanmeldung-Einfuhr (IZA) erreicht. Also nur noch mit dem Zettel der Post ein Aktenzeichen erstellen, Rechnung hochladen und auf die Bearbeitung warten!
???
Und so wälzt die Bürokratie ihre Arbeit auf die Bürger ab...
Seite 1 sieht nicht gerade danach aus...
Zahlungsart? PayPal ist nicht aufgeführt. Also was soll ich hier jetzt angeben? Barzahlung war es ja nicht.
Auf Seite 2 soll man dann die Adreßdaten des Verkäufers eintragen. Dumm nur, daß eBay einem die nicht immer so genau mitteilt...
Auf Seite 3 fängt es dann an, lustig zu werden.
"Kennzeichen des Beförderungsmittels bei Ankunft"
Wie bitte??? Okay, die Anleitung sagt dazu, da kann man unbekannt eintragen. Aber allein so etwas abzufragen, ist bürokratischer Irrsinn sondergleichen. Das interessiert mich nicht! Ich will nur meine Einfuhrsteuerbezahlen und gleichzeitig schwant mir, daß das noch schlimmer wird...
Lieferbedingungen:
Ich versichere, daß mir keiner dieser Begriffe bei der Bestellung untergekommen ist. Ich habe einfach nur 80 € für den Versand bezahlt. Also einen Blick in die Anleitung rechts geworfen und EXW angeben.
Schlüssel der Lieferbedingung:
Ich verstehe nur noch Bahnhof! So langsam wünschte ich mir, doch ein Fachanwalt zu sein. Was soll "fob ausländischer Einladehafen" oder "cif deutscher Seehafen" bedeuten.
Laut Anleitung soll ich 1 eingeben, aber die Versandkosten sind komplett im Rechnungsbetrag enthalten und nicht nur zu einem geringen Teil. Also doch 3???
Lieferort lt. Anleitung:
Bei Lieferung mit Versandkosten soll Lieferort = Absendeort sein??? Wie bitte??? Was ist das für ein Schmarren??? Und nur bei versandkostenfreier Lieferung ist Lieferort = Bestimmungsort???
Die Positionsdaten hat bislang der Zöllner eingegeben. Die Warennummer online herauszusuchen war mir nicht möglich, da die Webseite ab dem zweiten Link immer eine Fehlermeldung ausgab. Am Ende hab ich einfach in meinen Unterlagen nach einer Soundkarte gesucht, die ich vor Jahren ebenfalls in den USA bestellt habe, und dort die Nummer genommen. Keine Ahnung, ob die noch im System existiert.
Gewicht des Pakets? Woher soll ich das wissen? Ich hatte es ja noch nicht in der Hand!
Entnervt hab ich dann heute um 11:37 die Zentrale Auskunft Zoll angerufen und 11 min und 22 sec lang das hier verkürzt dargestellte Gespräch geführt:
1. Frage: Zahlungsart? PayPal.
Antwort: Da gibt es eine Ausfüllhilfe. Haben Sie die gelesen?
- Ja, da steht aber nichts dazu drinnen.
Antwort nach einiger Zeit: Damit ist nicht die Bezahlungsart für die Ware gemeint, sondern wie ich gedenke, die Zollgebühren zu bezahlen.
- Ah ja. Schön, daß das auch irgendwo steht. Ich jedenfalls hab nichts dazu gefunden.
2. Frage: Adresse des eBay-Verkäufers.
Antwort: Wir haben eine Ausfüllhilfe. Die Adresse müssen Sie doch wissen.
- Ähm nein, bei eBay eben nicht zwangsläufig.
Antwort: Dann eben irgendwas eintragen, damit sie weiter machen können.
3. Frage: Lieferbedingungen?
Davon hatte sie sichtlich keine Ahnung und, um Ihre Inkompetenz zu verschleiern, kam dann die Antwort: Ich bin jetzt nicht dafür da, das ganze Formular Schritt für Schritt mit Ihnen durchzugehen.
Doch, genau das steht aber in der Ausfüllhilfe:
Irgendwann kam die Antwort: Sie können ja den Service der Post nutzen.
- Der kostet aber ziemlich viel und Ihre Statistik interessiert mich im Grunde überhaupt nicht. Das auszufüllen, ist Sache des Zolls. Bisher war das alles wesentlich einfacher. Ich will einfach nur wissen, wie hoch die Einfuhrgebühren sind und der Rest ist mir egal. Hier wird einfach nur die Digitalisierung dazu benutzt, Bürokratie und Kosten zu erhöhen (so ähnlich hab ich es formuliert).
Antwort: So ist das halt im Leben. Entweder man bezahlt oder man muß sich selbst durcharbeiten. Wenn Sie das nicht wollen, dann kann ich Ihnen nur den Rat geben, nichts mehr im EU-Ausland zu bestellen.
Am Ende der Geschichte muß ich jetzt das ganze Formular noch zweimal ausdrucken - auf meine Kosten - und beide Exemplare unterschreiben. Dann kann ich sie per FAX oder eingescannt per E-Mail an den Zoll schicken zusammen mit der Rechnung. Schöne neue, alte Welt!
Fazit: Der Deutsche Beamtenstaat ist nicht reformierbar!